Dorffunk oder das Problem der stillen Post

Dorffunk oder das Problem der stillen Post

Was in Kindertagen noch ein lustiges Spiel war, kann bei wichtigen Themen des Lebens schnell zu einem Kommunikationsproblem werden. Wie beim Spiel der stillen Post kommt bei dem Empfänger was anderes an, als der Sender gesagt bzw. gemeint hat.
Der Bürgerinitiative wird gerne unterstellt, dass sie den Bau der Schule verhindern möchte, weil sie gegen das Neubaugebiet sei. Dem ist und war nie so. Das möchten wir hier in diesem Beitrag nochmal eindeutig anmerken. Das der Schulneubau nun leider an dem Bürgerbegehren hängt, liegt einzig und alleine an der ungeschickten Verknüpfung mit dem Neubaugebiet in einem B-Plan, den die Gemeindevertretung so in dieser Art am 9.12.2021 aufgestellt hat. Diese Verknüpfung erschließt sich nicht nur der BI nicht, sondern auch sehr vielen Einwohnern der Gemeinde.

So war dies auch deutlich bei der Einwohnerversammlung am 18. August in der Feuerwehr zu merken:

„Warum gibt‘s die Schule nicht ohne das Baugebiet?“
Frage aus dem Publikum Einwohnerin in Groß Wittensee

War nur eine von vielen Fragen an die Verantwortlichen. (EZ vom 19.8.2022)

Diese Frage konnte der BI bis heute nicht plausibel beantwortet werden. In der Einwohnerversammlung hieß es: Das Neubaugebiet solle die Schule refinanzieren.
Unserer Ansicht nach kann dies nicht sein, da die Gemeinde lediglich Eigentümerin einer 1,3ha großen Fläche für die Schule, die Sporthalle und das Regenrückhaltebecken ist. Die Vermarktung des Wohngebietes übernimmt ein Investor im Zuge der Erschließung. Demnach stehen der Gemeinde keine Einnahmen durch Grundstücksverkäufe in Aussicht. Womit möchte also die Gemeinde den ca. 7,5 Millionen teuren Neubau finanzieren? Selbst die Fördermittel in 3 Millionen Höhe sind so kurzfristig beantragt, dass durch aktuelle Wirtschaftslagen, wie Materialengpässe etc. Verzögerungen bei Bauprojekten an der Tagesordnung sein werden. Die Förderung bekommt die Gemeinde aber nur, wenn sie den Schulneubau bis Mitte 2024 fertig gestellt bekommt. Wie wir finden, ein sehr ambitionierter Zeitplan. Die Frage, wer dann die 3 Millionen an extra Kosten übernimmt, erübrigt sich, es wird die Gemeinde sein. So wird sich die pro Kopf Verschuldung in unserer Gemeinde die kommenden Jahre weiter erhöhen, sie liegt aktuell bei 2000€ pro Kopf. (Statistikamt Nord) Von einer Finanzierung der Schule durch das Baugebiet kann hier demnach nicht die Rede sein. Die Gemeindevertretung hätte gut daran getan eine fiskalische Wirkungsanalyse vor der Aufstellung des B-Plans zu erstellen. Das Land Schleswig-Holstein hat zum Thema Flächenmanagement und deren Folgen ein Projekt auf den Weg gebracht: Nachhaltiges Flächenmanagement.

Sollte der Neubau der Schule in Gefahr sein, so liegt dies zu keinem Zeitpunkt an dem angestrengten Bürgerbegehren gegen das Neubaugebiet. Eher sind schlechte Planungen im Vorfeld und eine unglückliche Verknüpfung der Schule an ein großen Neubaugebiet der Grund dafür. So beanspruchen die Bauleitplanungen für das Wohngebiet einen deutlich höheren Aufwand, als wenn nur die Schule geplant worden wäre. Alleine durch das Verkehrsgutachten, welches sich für den B-Plan nur auf das „große Ganze“, also die komplette Anschlußlösung des Wohngebietes an die B203 orientiert hat, führt nun zu einer zwanghaften Nachbesserung. Die Erschließung eines neuen Wohngebietes in der Größenordnung über nur eine Zufahrt, den Lehmberg, kann und darf nicht zu Lasten der dortigen Anwohner gehen.

Die Schule ist in keiner Weise an dieses Neubaugebiet gekoppelt. Dieser Umstand ist alleine durch die Aufstellung des B-Plans verknüpft worden. Warum auch immer?
Die derzeitige Grundschule im Dorfkern wird ihrer Aufgabe auch zukünftig nachkommen, Schülerinnen und Schüler die ersten Jahre ihrer Schulzeit zu begleiten. Das eigentliche Problem, weswegen es eines Neubaus bedarf, ist der steigenden Nachfrage der Ganztagsbetreuung geschuldet. „Ab dem Schuljahr 2026/2027 soll es für jedes Grundschulkind nach und nach einen entsprechenden Rechtsanspruch geben.“ So heißt es in dem Vorhaben der Bundesregierung. Dabei gilt dies ab 2026 erst für die Erstklässler und wird dann jedes Jahr um eine Klassenstufe ausgeweitet. (Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung ab 2026) Es besteht also auch in diesem Punkt keine Eile.

Die Gemeinde Groß Wittensee hat sich durch ihren Schulverband Groß Wittensee/Holtsee schon ab 2023 auf eine offene Ganztagsschule geeinigt, obwohl sie wenig geeignete Räume und immer wieder mit Personalproblemen zu kämpfen hat. Dort steht in der Niederschrift der Sitzung des Schulverbands Groß Wittensee / Holtsee am 17.05.2022: „Herr Schulverbandsvorsteher Walther berichtet, dass die Betreute Grundschule in Groß Wittensee e.V. sich zum 31.12.2022 auflösen wird. Ab dem 01.01.2023 wird die Trägerschaft durch den Schulträger übernommen.“
Gewerkschaften warnten, dass 2025 gar nicht genug Personal da sein werde, um die Ganztagsbetreuung für so viele Kinder sicherzustellen. In Schleswig-Holstein nutzen derzeit ca. 32 Prozent der Kinder im Grundschulalter ein Ganztagsangebot und 20 Prozent ein Übermittagsangebot, das bis ca. 14:30 Uhr zur Verfügung steht. Wenn bis 2030 alle Kinder im Grundschulalter ihren Rechtsanspruch mit einem Umfang von 40 Stunden wöchentlich nutzen, ist eine Lücke zwischen dem prognostizierten Bedarf und dem Angebot von mehr als 4.000 Fachkräften zu erwarten. (Fachkräfte-Radar für KiTa und Grundschule 2022).

Um es nochmal hier auf den Punkt zu bringen: Die BI war und ist nicht gegen einen Schulneubau.
Aber wir verstehen nicht, warum man dieser weitreichenden Entscheidung eine neue Schule zu bauen nicht mehr Zeit und Raum lässt und bei der Wahl des Standortes ein so unglückliches Händchen bewiesen hat. Warum daran dann noch ein Neubaugebiet mit all seinen Infrastrukturfolgekosten dieser Größenordnung hängt, erschließt sich uns ebenfalls nicht. Wir hoffen der Finanzausschuss der Gemeinde hat in seiner kommenden Sitzung einen guten Plan parat.

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